Nietzsche | Also sprach Zarathustra | 63 - Der Nothschrei / Le cri de détresse

 

Der Nothschrei.

Des nächsten Tages sass Zarathustra wieder auf seinem Steine vor der Höhle, während die Thiere draussen in der Welt herumschweiften, dass sie neue Nahrung heimbrächten, — auch neuen Honig: denn Zarathustra hatte den alten Honig bis auf das letzte Korn verthan und verschwendet. Als er aber dermaassen dasass, mit einem Stecken in der Hand, und den Schatten seiner Gestalt auf der Erde abzeichnete, nachdenkend und, wahrlich! nicht über sich und seinen Schatten — da erschrak er mit Einem Male und fuhr zusammen: denn er sahe neben seinem Schatten noch einen andern Schatten. Und wie er schnell um sich blickte und aufstand, siehe, da stand der Wahrsager neben ihm, der selbe, den er einstmals an seinem Tische gespeist und getränkt hatte, der Verkündiger der grossen Müdigkeit, welcher lehrte: „Alles ist gleich, es lohnt sich Nichts, Welt ist ohne Sinn, Wissen würgt.“ Aber sein Antlitz hatte sich inzwischen verwandelt; und als ihm Zarathustra in die Augen blickte, wurde sein Herz abermals erschreckt: so viel schlimme Verkündigungen und aschgraue Blitze liefen über diess Gesicht.

Der Wahrsager, der es wahrgenommen, was sich in Zarathustra’s Seele zutrug, wischte mit der Hand über sein Antlitz hin, wie als ob er dasselbe wegwischen wollte; desgleichen that auch Zarathustra. Und als Beide dergestalt sich schweigend gefasst und gekräftigt hatten, gaben sie sich die Hände, zum Zeichen, dass sie sich wiedererkennen wollten.

„Sei mir willkommen, sagte Zarathustra, du Wahrsager der grossen Müdigkeit, du sollst nicht umsonst einstmals mein Tisch- und Gastfreund gewesen sein. Iss und trink auch heute bei mir und vergieb es, dass ein vergnügter alter Mann mit dir zu Tische sitzt!“ — „Ein vergnügter alter Mann? antwortete der Wahrsager, den Kopf schüttelnd: wer du aber auch bist oder sein willst, oh Zarathustra, du bist es zum Längsten hier Oben gewesen, — dein Nachen soll über Kurzem nicht mehr im Trocknen sitzen!“ — „Sitze ich denn im Trocknen?“ fragte Zarathustra lachend. „Die Wellen um deinen Berg, antwortete der Wahrsager, steigen und steigen, die Wellen grosser Noth und Trübsal: die werden bald auch deinen Nachen heben und dich davontragen.“ — Zarathustra schwieg hierauf und wunderte sich. — „Hörst du noch Nichts? fuhr der Wahrsager fort: rauscht und braust es nicht herauf aus der Tiefe?“ — Zarathustra schwieg abermals und horchte: da hörte er einen langen, langen Schrei, welchen die Abgründe sich zuwarfen und weitergaben, denn keiner wollte ihn behalten: so böse klang er.

„Du schlimmer Verkündiger, sprach endlich Zarathustra, das ist ein Nothschrei und der Schrei eines Menschen, der mag wohl aus einem schwarzen Meere kommen. Aber was geht mich Menschen-Noth an! Meine letzte Sünde, die mir aufgespart blieb, — weisst du wohl, wie sie heisst?“

— „Mitleiden! antwortete der Wahrsager aus einem überströmenden Herzen und hob beide Hände empor — oh Zarathustra, ich komme, dass ich dich zu deiner letzten Sünde verführe!“ —

Und kaum waren diese Worte gesprochen, da erscholl der Schrei abermals, und länger und ängstlicher als vorher, auch schon viel näher. „Hörst du? Hörst du, oh Zarathustra? rief der Wahrsager, dir gilt der Schrei, dich ruft er: komm, komm, komm, es ist Zeit, es ist höchste Zeit!“ —

Zarathustra schwieg hierauf, verwirrt und erschüttert; endlich fragte er, wie Einer, der bei sich selber zögert: „Und wer ist das, der dort mich ruft?“

„Aber du weisst es ja, antwortete der Wahrsager heftig, was verbirgst du dich? Der höhere Mensch ist es, der nach dir schreit!“

„Der höhere Mensch? schrie Zarathustra von Grausen erfasst: was will der? Was will der? Der höhere Mensch! Was will der hier?“ — und seine Haut bedeckte sich mit Schweiss.

Der Wahrsager aber antwortete nicht auf die Angst Zarathustra’s, sondern horchte und horchte nach der Tiefe zu. Als es jedoch lange Zeit dort stille blieb, wandte er seinen Blick zurück und sahe Zarathustra stehn und zittern.

„Oh Zarathustra, hob er mit trauriger Stimme an, du stehst nicht da wie Einer, den sein Glück drehend macht: du wirst tanzen müssen, dass du mir nicht umfällst!

Aber wenn du auch vor mir tanzen wolltest und alle deine Seitensprünge springen: Niemand soll mir doch sagen dürfen: „Siehe, hier tanzt der letzte frohe Mensch!“

Umsonst käme Einer auf diese Höhe, der den hier suchte: Höhlen fände er wohl und Hinter-Höhlen, Verstecke für Versteckte, aber nicht Glücks-Schachte und Schatzkammern und neue Glücks-Goldadern.

Glück — wie fände man wohl das Glück bei solchen Vergrabenen und Einsiedlern! Muss ich das letzte Glück noch auf glückseligen Inseln suchen und ferne zwischen vergessenen Meeren?

Aber Alles ist gleich, es lohnt sich Nichts, es hilft kein Suchen, es giebt auch keine glückseligen Inseln mehr!“ — —

Also seufzte der Wahrsager; bei seinem letzten Seufzer aber wurde Zarathustra wieder hell und sicher, gleich Einem, der aus einem tiefen Schlunde an’s Licht kommt. „Nein! Nein! Drei Mal Nein! rief er mit starker Stimme und strich sich den Bart — Das weiss ich besser! Es giebt noch glückselige Inseln! Stille davon, du seufzender Trauersack!

Höre davon auf zu plätschern, du Regenwolke am Vormittag! Stehe ich denn nicht schon da, nass von deiner Trübsal und begossen wie ein Hund?

Nun schüttle ich mich und laufe dir davon, dass ich wieder trocken werde: dess darfst du nicht Wunder haben! Dünke ich dir unhöflich? Aber hier ist mein Hof.

Was aber deinen höheren Menschen angeht: wohlan! ich suche ihn flugs in jenen Wäldern: daher kam sein Schrei. Vielleicht bedrängt ihn da ein böses Thier.

Er ist in meinem Bereiche: darin soll er mir nicht zu Schaden kommen! Und wahrlich, es giebt viele böse Thiere bei mir.“ —

Mit diesen Worten wandte sich Zarathustra zum Gehen. Da sprach der Wahrsager: „Oh Zarathustra, du bist ein Schelm!

Ich weiss es schon: du willst mich los sein! Lieber noch läufst du in die Wälder und stellst bösen Thieren nach!

Aber was hilft es dir? Des Abends wirst du doch mich wiederhaben, in deiner eignen Höhle werde ich dasitzen, geduldig und schwer wie ein Klotz — und auf dich warten!“

„So sei’s! rief Zarathustra zurück im Fortgehn: und was mein ist in meiner Höhle, gehört auch dir, meinem Gastfreunde!

Solltest du aber drin noch Honig finden, wohlan! so lecke ihn nur auf, du Brummbär, und versüsse deine Seele! Am Abende nämlich wollen wir Beide guter Dinge sein,

— guter Dinge und froh darob, dass dieser Tag zu Ende gieng! Und du selber sollst zu meinen Liedern als mein Tanzbär tanzen.

Du glaubst nicht daran? Du schüttelst den Kopf? Wohlan! Wohlauf! Alter Bär! Aber auch ich — bin ein Wahrsager.“

Also sprach Zarathustra.

 

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-- Traduction française, par Henri Albert --

Le cri de détresse

Le lendemain Zarathoustra était de nouveau assis sur sa pierre devant la caverne, tandis que ses animaux erraient de par le monde, afin de rapporter des nourritures nouvelles, — et aussi du miel nouveau : car Zarathoustra avait gaspillé et dissipé le vieux miel jusqu’à la dernière parcelle.
Mais, tandis qu’il était assis là, un bâton dans la main, suivant le tracé que l’ombre de son corps faisait sur la terre, plongé dans une profonde méditation, et, en vérité ! ni sur lui-même, ni sur son ombre — il tressaillit soudain et fut saisi de frayeur : car il avait vu une autre ombre à côté de la sienne. Et, virant sur lui-même en se levant rapidement, il vit le devin debout à côté de lui, le même qu’il avait une fois nourri et désaltéré à sa table, le proclamateur de la grande lassitude qui enseignait : « Tout est égal, rien ne vaut la peine, le monde n’a pas de sens, le savoir étrangle. » Mais depuis lors son visage s’était transformé ; et lorsque Zarathoustra le regarda en face, son cœur fut effrayé derechef : tant les prédictions funestes et les foudres consumées passaient sur ce visage.

Le devin qui avait compris ce qui se passait dans l’âme de Zarathoustra passa sa main sur son visage, comme s’il eût voulu en effacer des traces ; Zarathoustra fit de même de son côté. Lorsqu’ils se furent ainsi ressaisis et fortifiés tous deux, ils se donnèrent les mains pour montrer qu’ils voulaient se reconnaître.

« Sois le bienvenu, dit Zarathoustra, devin de la grande lassitude, tu ne dois pas avoir été vainement, jadis, mon hôte et mon commensal. Aujourd’hui aussi mange et bois dans ma demeure et pardonne qu’un vieillard joyeux soit assis à table avec toi ! — Un vieillard joyeux, répondit le devin en secouant la tête ; qui que tu sois ou qui que tu veuilles être, ô Zarathoustra, tu ne le seras plus longtemps là-haut, dans peu de temps ta barque ne sera plus à l’abri ! — Suis-je donc à l’abri ? » demanda Zarathoustra en riant. — « Les vagues autour de ta montagne montent et montent sans cesse, répondit le devin, les vagues de l’immense misère et de l’affliction : elles finiront bientôt par soulever ta barque et par t’enlever avec elle. » — Alors Zarathoustra se tut et s’étonna. — « N’entends-tu rien encore ? continua le devin : n’est-ce pas un bruissement et un bourdonnement qui vient de l’abîme ? » — Zarathoustra se tut encore et écouta : alors il entendit un cri prolongé que les abîmes se jetaient et se renvoyaient, car aucun d’eux ne voulait le garder : tant il avait un son funeste.

« Fatal proclamateur, dit enfin Zarathoustra, c’est là le cri de détresse et l’appel d’un homme ; il sort probablement d’une mer noire. Mais que m’importe la détresse des hommes ! Le dernier péché qui m’a été réservé, — sais-tu quel est son nom ? »

« PITIÉ ! » répondit le devin d’un cœur débordant et en levant les deux mains : — « Ô Zarathoustra, je viens pour te faire commettre ton dernier péché ! » —

À peine ces paroles avaient-elles été prononcées que le cri retentit de nouveau, plus long et plus anxieux qu’auparavant et déjà beaucoup plus près. « Entends-tu, entends-tu, ô Zarathoustra ? s’écria le devin, c’est à toi que s’adresse le cri, c’est toi qu’il appelle : viens, viens, viens, il est temps, il est grand temps ! » —

Mais Zarathoustra se taisait, troublé et ébranlé ; enfin il demanda comme quelqu’un qui hésite en lui-même : « Et qui est celui qui m’appelle là-bas ? »

« Tu le sais bien, répondit vivement le devin, pourquoi te caches-tu ? C’est l’homme supérieur qui t’appelle à son secours ! »

« L’homme supérieur, cria Zarathoustra, saisi d’horreur : Que veut-il ? Que veut-il ? L’homme supérieur ! Que veut-il ici ? » — et sa peau se couvrit de sueur.

Le devin cependant ne répondit pas à l’angoisse de Zarathoustra, il écoutait et écoutait encore, penché vers l’abîme. Mais comme le silence s’y prolongeait longtemps, il tourna son regard en arrière et il vit Zarathoustra debout et tremblant.

« Ô Zarathoustra, commença-t-il d’une voix attristée, tu n’as pas l’air de quelqu’un que son bonheur fait tourner : il te faudra danser pour ne pas tomber à la renverse !

Et si tu voulais même danser devant moi et faire toutes tes gambades : personne ne pourrait me dire : « Regarde, voici la danse du dernier homme joyeux ! »

Si quelqu’un qui cherche ici cet homme montait à cette hauteur il monterait en vain : il trouverait des cavernes et des grottes, des cachettes pour les gens cachés, mais ni puits de bonheur, ni trésors, ni nouveaux filons de bonheur.

Du bonheur — comment ferait-on pour trouver le bonheur chez de pareils ensevelis, chez de tels ermites ! Faut-il que je cherche encore le dernier bonheur sur les Îles Bienheureuses et au loin parmi les mers oubliées ?

Mais tout est égal, rien ne vaut la peine, en vain sont toutes les recherches, il n’y a plus d’Îles Bienheureuses ! » — —

Ainsi soupira le devin ; mais à son dernier soupir Zarathoustra reprit sa sérénité et son assurance comme quelqu’un qui revient à la lumière, sortant d’un gouffre profond. « Non ! Non ! trois fois non, s’écria-t-il d’une voix forte, en se caressant la barbe — je sais cela bien mieux que toi ! Il y a encore des Îles Bienheureuses ! N’en parle pas, sac-à-tristesse, pleurard !

Cesse de glapir, nuage de pluie du matin ! Ne me vois-tu pas déjà mouillé de la tristesse et aspergé comme un chien ?

Maintenant je me secoue et je me sauve loin de toi, pour redevenir sec : ne t’en étonne pas ! N’ai-je pas l’air courtois ? Mais c’est ma cour qui est ici.

Pour ce qui en est de ton homme supérieur : Eh bien ! je vais vite le chercher dans ces forêts : c’est de là qu’est venu son cri. Peut-être une bête sauvage le met-elle en danger.

Il est dans mon domaine : je ne veux pas qu’il lui arrive malheur ici ! Et, en vérité, il y a chez moi beaucoup de bêtes sauvages. » —

À ces mots Zarathoustra s’apprêta à partir. Mais alors le devin se mit à dire : « Ô Zarathoustra, tu es un coquin !

Je le sais bien : tu veux te débarrasser de moi ! Tu préfères te sauver dans les forêts pour poursuivre les bêtes sauvages !

Mais à quoi cela te servira-t-il ? Le soir tu me trouveras pourtant de nouveau ; je serai assis dans ta propre caverne, patient et lourd comme une bûche — assis là à t’attendre ! »

« Qu’il en soit ainsi ! s’écria Zarathoustra en s’en allant : et ce qui m’appartient dans ma caverne, t’appartient aussi, à toi mon hôte !

Mais si tu y trouvais encore du miel, eh bien ! lèche-le jusqu’à ce qu’il n’y en ait plus, ours grognon, et adoucis ton âme ! Car ce soir nous allons être joyeux tous deux.

— joyeux et contents que cette journée soit finie ! Et toi-même tu dois accompagner mes chants de tes danses, comme si tu étais mon ours savant.

Tu n’en crois rien, tu secoues la tête ? Eh bien ! Va ! Vieil ours ! Mais moi aussi — je suis un devin. »

Ainsi parlait Zarathoustra.

 

Edition bilingue
Texte original allemand suivi de la traduction française